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Pflichtteilsentziehung wegen schweren vorsätzlichen Vergehens

Kategorie: Erben & vererben

Der 19. Senat des Oberlandesgerichts Stuttgart hat beschlossen, dass ein Diebstahl zum Nachteil des Verstorbenen geeignet sein kann, die Pflichtteilsentziehung wegen eines schweren vorsätzlichen Vergehens zu rechtfertigen.

Allein der Umstand, dass der Pflichtteilsberechtigte viele Jahre nach dem Diebstahl in das Haus des damals noch lebenden Erblassers einzieht und darin bis zu seinem Tode wohnt, kann nicht ohne Weiteres als Verzeihung seitens des Erblassers gedeutet werden.

Sachverhalt:

Im vorliegenden Fall hat der Enkel (Pflichtteilsberechtigter) seiner Großmutter (Erblasserin) im Jahr 1992 aus deren Haus 6.100 DM gestohlen. Für diese Tat ist der Enkel anschließend rechtskräftig verurteilt worden. Die Großmutter hat dem Enkel wenige Tage nach der Tat den Pflichtteil entzogen. Im Jahr 2004 zog der Enkel in den Keller des von der Großmutter bewohnten Hauses. Dieser behauptet, er habe seit dem Jahr 2006 mit der Oma einen gemeinsamen Haushalt geführt. Nach dem Tod der Großmutter meinte der Enkel nun, dass er aufgrund von Verzeihung durch die Erblasserin (wieder) pflichtteilsberechtigt sei.

Nach Meinung des Gerichts konnte aus dem gemeinsamen Bewohnen des Hauses nicht bereits die Schlussfolgerung gezogen werden, dass die Großmutter dem Enkel verziehen habe. Insbesondere konnte aufgrund der nicht belegbaren Aussagen des Enkels nicht nachvollzogen werden, inwiefern tatsächlicher Kontakt zwischen der Großmutter und dem Enkel bestand.

Darüber hinaus wurde festgestellt, dass die Großmutter bereits im Jahr 2004 an einer Demenz erkrankt war, sodass es ihr nicht mehr möglich war, den moralischen Gehalt ihres Handelns zu begreifen. Eine Wiederherstellung der Pflichtteilsberechtigung zugunsten des Enkels aufgrund von Verzeihung durch die Erblasserin konnte das Gericht somit nicht feststellen.

Was ist bei der Planung des Nachlasses zu beachten?

Grundsätzlich kann jeder seine erbberechtigten Abkömmlinge von der Erbfolge enterben. Allerdings bleibt in einem solchen Fall der Anspruch auf den Pflichtteil bestehen.

Ein Entzug vom Pflichtteilsanspruch kommt insbesondere dann in Betracht, wenn der Erbberechtigte sich einer Straftat zu Lasten des Erblassers schuldig gemacht hat. Ob ein Verhalten des Nachlassenden nach dem Entzug des Pflichtteils als eine Verzeihung gedeutet werden kann, bedarf stets der Einzelfallprüfung.

OLG Stuttgart – 19 U 80/18

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Über den Autor

Klaus Dieter Girnt, lightzins eG

Klaus Dieter Girnt

Vorstand der lightzins eG

Klaus Dieter Girnt setzt sich seit mehr als 30 Jahren dafür ein, dass Menschen im Alter Ihren Lebensstil beibehalten können und alle Möglichkeiten nutzen, um ihre individuellen Wünsche und Bedürfnisse bestmöglich abzusichern. Girnt ist u.a. Dozent bei der VHS Bochum, Berufs-Nachlasspfleger (DVEV), Testamentsvollstrecker (DVEV), Bafa- und KfW-akkreditiert und Gründungsmitglied der lightzins eG.