Was ist vorrangig aus dem Nachlass zu bezahlen: Vermächtnisse oder die Testamentsvollstreckervergütung?
Kategorie: Nachlassabwicklung
In einem Testament können mehrere Erben eingesetzt werden. Diese wiederum können mit einer Testamentsvollstreckung und Vermächtnissen belastet werden. Wird den Vermächtnisnehmern das gesamte liquide Vermögen nach Abzug von Nachlassverbindlichkeiten zugewiesen, stellt sich die Frage, wer bezahlt die Vergütung des Testamentsvollstreckers?
Sachverhalt:
Eine verstorbene Frau hinterließ ein Testament und ein beträchtliches Vermögen, bestehend aus wertvollen Gemälden. Ihre Erben belastete sie mit einer Testamentsvollstreckung sowie mit einem Vermächtnis, wonach das bei ihrem
„Tode nach Abzug aller Erblasser- und Erbfallschulden, einschließlich der Kosten für Pflege, Beerdigung und sonstiger Verpflichtungen und nach Auflösung ihres Haushalts vorhandenen Bar- und Buchgeld sowie eventuell noch vorhandenen Wertpapieren“
an eine von ihr namentlich bezeichnete Person ausgekehrt werden sollte.
Der Testamentsvollstrecker entnahm zuerst seine Testamentsvollstreckervergütung, bevor er gemäß testamentarischer Verfügung das Bar- und Buchgeld an die Vermächtnisnehmerin auskehrte.
Die Vermächtnisnehmerin ist jedoch der Ansicht, der Testamentsvollstrecker hätte ihr das Bar- und Buchgeld ungeschmälert herausgeben und sich wegen seiner Vergütung an die Miterben halten müssen.
Die Testamentsvollstreckervergütung ist von den Erben zu bezahlen und das Vermächtnis ist ungeschmälert herauszugeben! So urteilten die Richter.
Begründung:
Schuldner der Testamentsvollstreckervergütung sind grundsätzlich die Miterben und nicht die Vermächtnisnehmer. Etwas anderes ergibt sich hier auch nicht aus der Vermächtnisanordnung; denn die Testamentsvollstreckervergütung falle im konkreten Fall nicht unter den Begriff der Erbfallschulden. Dies ergebe die Auslegung des Testaments: zwar erfasse der Rechtsbegriff der „Erbfallschulden“ dem Wortlaut nach auch eine Testamentsvollstreckervergütung. Die Erblasserin habe den Begriff aber nicht im rechtstechnischen Sinne verwendet. Dies zeige sich auch schon daran, dass unter „Erbfallschulden“ auch Vermächtnisse fallen, was hier kaum Sinn machen würde. Die Erblasserin habe exemplarisch erläutert, was sie unter Erblasser- und Erbfallschulden versteht. Zu den vom Vermächtnis abzuziehenden Kosten zählte sie vor allem geringere Positionen wie die Beerdigungskosten, obwohl sie gemessen am Wert ihres Vermögens mit erheblichen Kosten für die Testamentsvollstreckung rechnen musste. Außerdem war Dauertestamentsvollstreckung angeordnet. In diesem Fall ist in regelmäßigen Zeitabschnitten die Vergütung zu entrichten, während die Vermächtnisse sofort zu erfüllen sind. Damit war das Bar- und Buchgeld ohne Abzug der Testamentsvollstreckervergütung herauszugeben.
Oberlandesgericht München, Urteil vom 13.6.2022 (33 U 6666/21)
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