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Nachlassregelung durch ein Brieftestament

Kategorie: Erben & vererben

Regelmäßig werden eigenhändig geschriebene Testamente nicht nur auf ihren Inhalt, sondern auch auf ihre Form geprüft. Eine besondere Art des eigenhändig zu erstellenden Testaments ist das sogenannte Brieftestament.

Hierüber wurde gestritten und durch das Gericht wie folgt geurteilt:

Sachverhalt

Die Kläger klagen auf die Erteilung eines Erbscheins über die jeweils hälftige Beerbung der bereits verstorbenen Erblasserin. Als Begründung legten sie ein Schreiben der Erblasserin vor, das diese zu Lebzeiten verfasst hat, mit folgendem Inhalt:

Ich möchte mich für die liebevolle Aufnahme am 1. Weihnachtstag recht herzlich bedanken (…).

Im neuen Jahr gehe ich zum Notar; Ihr allein sollt meine Erben sein. Meine Patin kümmert sich überhaupt nicht um mich, da ist jede Verbindung abgebrochen.

Zu dem Notartermin kam es aufgrund einer plötzlichen Krankenhauseinweisung nicht mehr. Der Entwurf des notariellen Testaments wurde somit nicht unterschrieben. Jetzt stritten die Parteien darüber, ob dieses Schreiben als ein Brieftestament gewertet werden kann. Das Gericht musste somit prüfen, ob eine testamentarische oder gesetzliche Erbfolge gelten soll.

Ist das Brieftestament formgültig?

Das Gericht hat festgestellt, dass ein eigenhändig geschriebenes Testament grundsätzlich auch in Form eines vom Erblasser unterzeichneten Briefes vorliegen kann, ein sogenanntes Brieftestament.

Als Voraussetzung des Brieftestaments muss allerdings, neben den formellen Voraussetzungen, auch ein ernsthafter Testierwille des Erblassers vorhanden sein.

Die Rechtsprechung fordert für den Testierwillen, dass der Erblasser die von ihm erstellte Urkunde als rechtsverbindlich letztwillige Verfügung gesehen hat oder zumindest das Bewusstsein hatte, die Urkunde könne als Testament angesehen werden.

Ob ein Testierwille vorliegt, muss im Wege der Auslegung ermittelt werden. Bei der Auslegung des Brieftestaments werden alle erheblichen, auch außerhalb der Urkunde liegenden Umstände herangezogen, sowie mit der allgemeinen Lebenserfahrung beurteilt. Beim vorliegenden Brieftestament werden strengere Anforderungen gestellt, so dass auch bei verbleibenden Zweifeln keine Anwendung findet.

Wie hat das Gericht entschieden?

Zuerst wird der Wortlaut herangezogen. Für das Gericht war es durch die Formulierung der Erblasserin nicht eindeutig, dass sie die Kläger als Erbe einsetzen wollte. Zwar enthalte es die Aussage, dass die Kläger „meine Erben“ sein sollten. Doch die weiteren Aussagen im Schreiben und der Hintergrund des Schreibens, eine Dankeskarte „für die liebevolle Aufnahme am 1. Weihnachtstag“, waren mit der Ankündigung des Notartermins verbunden und nicht als Brieftestament zu werten. Dies verstärkt die Annahme, dass die Erblasserin lediglich die Adressaten über ihr Vorhaben informieren wollte, anstatt eine endgültige Erbeinsetzung durchzuführen.

Es wurden auch weitere Umstände berücksichtigt. Ein Beweismittel war das Schreiben des Notars mit dem Betreff „Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung, Testament“, das ein Jahr nach dem Schreiben der Erblasserin entstanden ist. In diesem Schreiben war auch der Entwurf des Testaments, der zu dem Termin notariell beurkundet werden sollte. Dies war für das Gericht ein weiterer Anhaltspunkt den Testierwillen zum Zeitpunkt des Schreibens des Briefes abzulehnen.

Die Vereinbarung des Beurkundungstermins und die auf Seiten der Erblasserin offenbar gesehene Notwendigkeit eines solchen Schritts deutet unter den gegebenen Umständen darauf hin, dass sie davon ausging, bislang nicht rechtsgültig testiert zu haben, so dass kein Brieftestament vorlag.

Anforderung an das Brieftestament

Es wurde vom Gericht festgehalten, dass das notarielle Beurkunden des Testaments kein endgültiger Hinweis dafür ist, dass das bestehende Testament ungültig ist, jedoch haben die vorliegenden Umstände dafür gesprochen, dass der Termin beim Notar nur gemacht wurde, um die Erbeinsetzung zu beglaubigen.

Die Klage wurde abgewiesen und der Erbschein wurde nicht erteilt. Das Schreiben wurde nicht als Brieftestament gewertet.

Wichtig: Das Brieftestament ist ein Unterfall des eigenhändig verfassten Testaments und muss somit auch die formalen gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen. Die einzige Abweichung zu einem privatschriftlichen Testament ist, dass diese in Form eines Briefes errichtet wurden. Auch muss der Brief mit Testierwillen geschrieben worden sein. Wenn dieser nicht eindeutig hervorgeht, wird er vor Gericht nicht als verbindliches Testament, sondern lediglich als persönlicher Brief an die Hinterbliebenen, als einen Wunsch oder wie in diesem Fall eine Ankündigung zur Erbeinsetzung, gewertet.

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Über den Autor

Klaus Dieter Girnt, lightzins eG

Klaus Dieter Girnt

Vorstand der lightzins eG

Klaus Dieter Girnt setzt sich seit mehr als 30 Jahren dafür ein, dass Menschen im Alter Ihren Lebensstil beibehalten können und alle Möglichkeiten nutzen, um ihre individuellen Wünsche und Bedürfnisse bestmöglich abzusichern. Girnt ist u.a. Dozent bei der VHS Bochum, Berufs-Nachlasspfleger (DVEV), Testamentsvollstrecker (DVEV), Bafa- und KfW-akkreditiert und Gründungsmitglied der lightzins eG.