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Anfechtung eines voreilig ausgeschlagenen Erbes

Kategorie: Nachlassabwicklung

Eine Erbschaft anzunehmen oder auszuschlagen, ist oft keine einfache Entscheidung. Vor allem dann, wenn man sich unsicher ist, ob der Nachlass eher Schulden oder Vermögen enthält. Was passiert jedoch, wenn man voreilig eine Erbschaft ausschlägt und später feststellt, dass es doch Vermögen gibt? Ein aktueller Fall zeigt, dass es in bestimmten Fällen möglich ist, die Ausschlagung des Erbes anzufechten.

Sachverhalt

Die Tochter einer Erblasserin hatte das Erbe zunächst ausgeschlagen. Sie ging aufgrund des schlechten Zustands der Wohnung und der Alkoholkrankheit ihrer Mutter davon aus, dass die Mutter mittellos verstorben sei und nur Schulden hinterlassen habe. Erst nach der Ausschlagung entdeckte sie, dass auf den Konten der Verstorbenen ein Guthaben von etwa 72.000 Euro vorhanden war. Daraufhin wollte sie ihre Entscheidung rückgängig machen und die Erbschaft doch annehmen.

Der Großneffe der Verstorbenen, der nach der Ausschlagung als Erbe aufgerückt war, widersprach jedoch. Er argumentierte, dass die Tochter bewusst das Erbe ausgeschlagen habe und kein rechtlich relevanter Irrtum vorliege. Das Nachlassgericht gab dem Großneffen zunächst recht und erkannte die Anfechtung der Tochter nicht an. Doch die Tochter legte Beschwerde ein.

Gericht erlaubt die Anfechtung wegen Irrtums

Das Oberlandesgericht Frankfurt entschied zugunsten der Tochter:

Die Annahme, dass der Nachlass überschuldet sei, obwohl es ein erhebliches Kontoguthaben gab, stellte einen rechtlich relevanten Irrtum dar. Dieser Irrtum über eine „verkehrswesentliche Eigenschaft“ des Nachlasses, also die Vermögenslage, berechtigt die Erbin zur Anfechtung der Erbausschlagung.

Was bedeutet „verkehrswesentliche Eigenschaft“?

In diesem Fall lag der Irrtum der Tochter nicht einfach im Wert des Nachlasses, sondern in der falschen Annahme, dass es überhaupt kein Vermögen gab. Dieser Irrtum über die tatsächliche Zusammensetzung des Nachlasses, wie das Vorhandensein von Konten und Sparguthaben, ist laut § 119 Abs. 2 BGB ein Anfechtungsgrund. Das bedeutet, dass die Tochter ihre Ausschlagung rückgängig machen konnte, weil sie sich über eine wesentliche Eigenschaft des Erbes geirrt hatte.

Voraussetzungen für die Anfechtung einer Erbausschlagung

Um eine voreilig ausgesprochene Ausschlagung anzufechten, müssen bestimmte Bedingungen erfüllt sein:

lightzins-Tipp

Wenn Sie eine Erbschaft ausschlagen möchten, sollten Sie Folgendes beachten:

Bei Unsicherheiten empfehlen wir, sich rechtzeitig beraten zu lassen, um mögliche Fehlentscheidungen zu vermeiden. Mit der lightzins eG kooperierende Fachanwältinnen und Fachanwälte helfen Ihnen. Wir freuen uns auf Ihre Terminvereinbarung.

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Über den Autor

Klaus Dieter Girnt, lightzins eG

Klaus Dieter Girnt

Vorstand der lightzins eG

Klaus Dieter Girnt setzt sich seit mehr als 30 Jahren dafür ein, dass Menschen im Alter Ihren Lebensstil beibehalten können und alle Möglichkeiten nutzen, um ihre individuellen Wünsche und Bedürfnisse bestmöglich abzusichern. Girnt ist u.a. Dozent bei der VHS Bochum, Berufs-Nachlasspfleger (DVEV), Testamentsvollstrecker (DVEV), Bafa- und KfW-akkreditiert und Gründungsmitglied der lightzins eG.